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Mythos Kanada in der Malerei 1910-1940

Verantwortlicher Autor: Schirn Kunsthalle / Kirsten Ernst Frankfurt am Main, 14.02.2021, 23:41 Uhr
Presse-Ressort von: Kirsten Ernst Bericht 6139x gelesen
Mount Lefroy, Lawren S. Harris, 1930
Mount Lefroy, Lawren S. Harris, 1930  Bild: © Family of Lawren S. Harris / Schirn Kunsthalle

Frankfurt am Main [ENA] Magnetic North - Mythos Kanada in der Malerei von 1910-1940. Uralte Wälder in entlegenen Regionen, majestätische Ansichten der Arktis, oder die Magie der Nordlichter: Die Malerei der kanadischen Moderne entwirft ein mythisches Kanada voll bildnerischer Experimentierfreude in der Frankfurter SCHIRN.

Fantastische Outdoor-Abenteuer, einsame Holzhütten im Wald oder magische Nordlichter vor weißen Gletschern – allein das Wort „Kanada“ weckt in uns viele romantische Assoziationen. Plötzlich sehnen wir uns nach einem idyllischen Leben als Aussteiger, wie es Filme und Literatur so oft zeigen. Diese romantisierten Ideen sind keine Erfindung unserer Zeit: Anfang des 20. Jahrhunderts reisten kanadische Künstlerinnen und Künstler aus den Städten in die Natur. Sie waren auf der Suche nach einer neuen malerischen Sprache für die kulturelle Identität der damals noch jungen Nation, die seit 1867 mit dem Zusammenschluss der Provinzen den Prozess der Unabhängigkeit eingeleitet hatte.

Visuell verkörpern diese Gemälde und Skizzen den Traum von einer unberührten Welt. Sie zeichnen das Idyll einer überwältigenden Landschaft und bewegen sich damit jenseits der Realität des modernen Stadtlebens oder der expandierenden industriellen Nutzung der Natur. Nicht zuletzt war diese Landschaft auch die Heimat der Indigenen Bevölkerung. Im Mai 1920 gründeten die befreundeten Künstler Lawren Harris, J. E. H. MacDonald, A. Y. Jackson, Frank Johnston, Arthur Lismer, Franklin Carmichael und A. J. Casson offiziell die Vereinigung Group of Seven. Bereits mehrere Jahre in Folge hatten sie auf gemeinsamen Ausflügen die Landschaft nördlich von Ontario erkundet und in stimmungsvollen Gemälden festgehalten.

Die Group of Seven fanden sich 1920 in Toronto zusammen, aber auch weitere Künstlerinnen und Künstler aus ihrem Umkreis, wie Emily Carr, Tom Thomson oder Mary E. Wrinch, vereinte neben der Vorliebe für die Landschaftsmalerei das Ziel, eine eigenständige kanadische Maltradition zu etablieren. In Abgrenzung zur europäischen Avantgarde wollten sie damit einen originären Beitrag zu der sich international entwickelnden Moderne leisten. Neben ihren künstlerischen Ideen teilten sie den Wunsch, durch ihre Gemälde eine Zugehörigkeit zu der noch nicht lange unabhängigen Nation Kanada zum Ausdruck zu bringen und idealerweise auch im Betrachter zu erzeugen. Dieses Nationalgefühl sollte durch Kunst verbreitet, geformt und gefestigt werden.

Noch stilitsich beeinflußt waren sie vom Jugendstil und Postimpressionismus, doch hoben sie sich stark vom akademischen Stil der Zeit ab. Seit Jahrtausenden lebten Indigene auf dem nordamerikanischen Territorium, das seit 1867 als "Kanada" bekannt ist. Sie nutzten das Land im Einklang mit der Natur und entwickelten ihre eigenständigen, reichnen Kulturen. Die Malerin Emily Carr interessierte sich für die kulturellen Erzeugnisse der ihr fremden Kultur und setzt diese ins Bild. Wie auch Lawren Harris sah Carr in der Landschaft Kanadas eine spirituelle Quelle. In Bäumen und Wäldern erkannte sie Stärke, Wahrheit und die Essenz des Lebens. In ihren Werken versuchte sie den Geist der Natur einzufangen und tendierte mehr und mehr zur Abstraktion.

Anlässlich des Ehrengastauftritts Kanadas auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert die SCHIRN die Malerei der kanadischen Moderne aus aktueller Perspektive und zeigt erstmals in Deutschland Hauptwerke aus den großen Sammlungen Kanadas. Die umfassende Ausstellung der SCHIRN beleuchtet mit rund 80 Gemälden und 40 Skizzen sowie Fotografien, Filmen und Dokumentationsmaterial die in Kanada überaus populären Werke der Künstlerinnen und Künstler rund um die Group of Seven. Dabei werden sie einer kritischen Revision unterzogen, indem Indigene Perspektiven einbezogen und Fragen der nationalen Identitätsbildung aufgeworfen werden. Wenn die Tore wieder öffnen wird die SCHIRN die Ausstellung bis zum 16. Mai 2021 der Öffentlichkeit präsentieren.

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